Vorschau

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kundige von der Festung Marienberg aus, um die einstens die Scharen der für ihre Freiheit aufgestandenen Bauern sich drohend gelagert hatten, den Blick weit dahin schweifen ließ über die fruchtbaren Gauen des schönen Frankenlandes. Als Wagner auf der Suche nach einem geeigneten Ort war, in dem sein Festspielhaus erstehen sollte, hatte der Meister sein Augenmerk auch auf unser Würzburg gerichtet. Beim Letzten Hieb droben, mit dem schönen Blick auf die Stadt und Festung, sollte der "hehre, herrliche Bau" sich erheben. Wagner kannte ja unsere Stadt, außerdem lebte die Tochter seines ältesten Bruders Albert, Franziska Ritter, die Gattin des Komponisten Alexander Ritter, hier, die er öfter auf Durchreisen besuchte. Im Hotel Kronprinz verhandelte er mit dem damaligen Bürgermeister Zürn und bat nach eingehender Darlegung seines Planes um eine tatkräftige Unterstützung der Stadt. Darauf gab ihm der Bürgermeister, der für die Kunst nicht viel übrig hatte, die lakonische und klassische Antwort: "Würzburg hat schon ein Theater und braucht keins weiter." Damit fiel der Plan und all die schönen Perspektiven, durch die später Bayreuth ein weltberühmtes Olympia wurde. Heute errinnert eine im Vorraume des hiesigen Stadttheaters angebrachte und vom Theaterdirektor Hagin und dem Solistenpersonal von 1905/6 gestiftete Tafel mit dem Reliefbildnis des Tondichters an seine Würzburger Tätigkeit als Chorrepetitor. Die Gattin Richard Wagners, Frau Cosima Wagner, weilte auch öfters in Würzburgs Mauern und wohnte auch wiederholt den Aufführungen in der Musikschule (jetzt Konservatorium der Musik) bei.

Hs.-Nr. 6. Adeliges Julianum. Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn (1573-1617) gründete am 1. Januar 1607 das Collegium nobilium (siehe Domerschulstraße 16), welches im Jahre 1803 aufgelöst wurde. Im Jahre 1880 wurde es durch allerhöchste Entschließung vom 3. Juni 1880 als Kgl. Adeliges Julianum wieder ins Leben gerufen und mit Beginn des Winterhalbjahres in dem erworbenen Anwesen Kapuzinerstraße 6 eröffnet. In den Tagen vom 8.-10. Juli 1905 fanden hier zum 25jährigen Jubiläum der Wiedererrichtung des Julianums größere Festlichkeiten statt, an denen viele ehemalige Zöglinge und Freunde des Instituts teilnahmen. Im Jahre 1907 kaufte das Julianum die an seinen Garten anstoßenden Anwesen Gardistenstraße 1, 3 und 5. Seit dem September 1920 ist der Eintritt katholischen Gymnasiasten und Realgymnasiasten aller Stände freigegeben. Das Institut firmiert nunmehr Erziehungsanstalt Julianum. Im Garten des Julianums ist ein prächtiger Brunnen, der Arionbrunnen. Über Arion, den griechischen Dichter und Musiker, geboren um 620 v. Chr., geht die Sage, er sollte von korinthischen Schiffern, welche sich seiner Schätze bemächtigen wollten, ins Meer geworfen werden. Arion erreichte durch seine Bitten, daß er erst noch sein letztes Lied singen durfte, worauf er in das Meer sprang. Angelockt und bezaubert von dem Gesange war ein Delphin herbeigeschwommen, der Arion auf seinen Rücken nahm und wohlbehalten in Korinth ans Land setzte. Dieser letzte Teil der Sage diente dem leider unbekannten bildenden Künstler, dem der Brunnen zu verdanken ist, zum Vorbild. Arion wird dargestellt, wie er auf dem Delphin steht und von diesem ans Land getragen wird.

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