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Hs.-Nr. 1. Hof Kleinlauden oder zur Hauben. Domvikarie Beatae Mariae Virginus. Das Haus wurde von dem Domherrn Reinward de Kospoden an die von ihm am 26. Jan. 1456 begründete Vikarie Beatae Mariae Virginus geschenkt, die zum Chor des Propstes im Dom gehörte und auf den Liebfrauenaltar in der Kapelle des Domherrnhofes Weinsberg gestiftet war. In einer Urkunde vom 1. Mai 1483 wird erwähnt, daß das Haus zur kleinen Landen auf der einen Seite gegen den Stadtgraben, und auf der andern gegen Garten und Haus zur Hauben genannt stoße. In einem Urbar des Domstiftes vom Jahre 1677 wird ebenfalls Kleinlauden unter den Zugehörungen der Vikarie Beatae Mariae Virginus aufgezählt als: "ein aigen behaußung zur Landen genannt, zwischen Ihres Hochw. undt Gnaden Herrn Fuchsen von Dornheimb undt der Vicarij Albani behaußung gelegen." Im Jahre 1804 wurde der Hof Kleinlauden der Versteigerung unterstellt. Mit Kaufbrief vom 29. Mai 1804 erwarb ihn der fürstl. Leiningensche Pfarrer zu Heckfeld, Joh. Mich. Stober. Aus dem Kaufschilling wurde dem letzten Inhaber der Vikarie Bcatae Mariae Virginus bis zu dessen Tode eine jährliche Pension gegeben. Heute gehört das Anwesen der Meßweinstiftung. Das Anwesen hatte im Bauernkrieg den ersten Exzeß der aufgeregten Bürger zu bestehen. Es war damals bewohnt von dem Domvikar Hermann Mordt, der zugleich Pfarrer in der Gemeinde Rottendorf war. Als er eines Tages von dort zurückkehrte, wurde er am Stephanstore (dieses stand in der Gegend der heutigen Michaelskirche und dem Hause Stephanstr. 25) "von Sandtern (Sanderviertlern) und anderen bösen Buben, die sich da versammelt hatten" -in bewegten Zeiten dienten die Tore als Zusammenkunftsorte der Bürger -mit unfreundlichen Worten angesprochen und als Mordt sich gegen diese Behandlung verwehren wollte, verhöhnt und beschimpft. Der Domvikar, ein überaus jähzorniger Mann, wurde hierauf heftig und sagte zu seinen Gegnern, er hoffe noch zu sehen, daß ihnen auf dem Markte die Köpfe abgeschlagen weiden. Diese Äußerung pflanzte sich wie ein Lauffeuer durch die ganze Stadt und war die Folge von Aufläufen in den einzelnen Vierteln. Die Viertelmeister liefen zum Domdechant, Johann von Guttenberg, und verklagten den Geistlichen ob der ausgesprochenen Worte. Um weitere tumultuöse Szenen zu verhindern und einen Aufruhr im Keime zu ersticken, bestrafte der Dechant den Vikar dadurch, daß er den Viertelmeistern und deren Leuten erlaubte, aus Mordts Keller ein halb Fuder Wein zu nehmen. Die Bürger legten Wehr und Waffen, die in den damaligen Zeiten stets in Bereitschaft waren, an und marschierten in aller Ordnung mit Trommlern und Pfeifern an der Spitze durch die Gasse bei St. Agneten (nördlicher Teil der heutigen Domerschulstraße) gegen den Hof zur Hauben. Sie fielen in die Keller der Behausung ein und -tranken. Aber damit war es nicht genug. Man trug den Wein in Kübeln und Gelten davon, ja es kamen sogar Bürger und Weiber mit Karren und anderen Wagen, welche mit den vollen Weinfässern beladen wurden. So kam es, daß aus einem halben Fuder beiläufig zehn Fuder wurden. Domvikar Mordt ließ sich bei der Plünderung wohlweislich nicht sehen, da es ihm zweifellos nicht zum besten ergangen wäre. Seine am Stephanstore geäußerte Weissagung traf jedoch ein. Manche von denen, die

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