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1729) auf dem unteren Teil des Sanderangers einen parkartigen Garten an und ließ darin durch Balthasar Neumann ein Lustschlößchen aufführen. Den Hauptbestandteil des aus Erdgeschoß, Obergeschoß und Dachgeschoß bestehenden Gebäudes bildet der im Obergeschoß liegende, nach den beiden Langseiten durchgehende Saal, welchen eine prächtige Freitreppenanlage direkt mit dem Garten verbindet. Fürwahr ein reizendes Idyll. Der Bischof bewohnte es im Sommer und gebrauchte daselbst die Mainbäder. Der herrliche Garten reichte vom Sanderrasen bis hinunter zum Main, war mit schönen Figuren geschmückt und stand dem Publikum zum Besuch offen. Publica, amoenitati et salubritati (der öffentlichen Annehmlichkeit und Gesundheit), das war die Widmung, unter welcher der für das allgemeine Wohl besorgte Fürstbischof den Garten der Öffentlichkeit erschloß. In und bei diesem Park fand aus Anlaß des Besuches der Erzherzogin Elisabeth von Österreich, Statthalterin der Niederlande, am 22. September 1725 ein großes Fest mit einem in vier Akten sich abspielenden allegorischen Feuerwerk statt, das Neumann selbst veranstaltet hatte. Nach dem Tode des modernen und menschenfreundlichen Fürstbischofs ging der Garten in die Hände seiner Familie über, die ihn noch einige Zeit in alter Pracht und Schönheit erhielt. Leider änderte sich das, als die schönen Anlagen in Privatbesitz kamen. Gar bald wurden sie in zwei Hälften geteilt, von denen die untere dem allgemeinen Zutritt entzogen wurde. Der obere Teil wurde Wirtschaft (Huttenscher Garten). Der untere Teil wurde durch allmähliche Bebauung immer mehr verkleinert. Das Schlößchen selbst und der Garten um dasselbe wurde immer mehr verwahrlost und das Gelände um dasselbe angefüllt. Dies änderte sich, als am 7. November 1884 das Korps Rhenania das Grundstück von der Witwe des Universitätsprofessors Contzen, der es 1854 erworben hatte, erwarb. Das Gebäude steckte damals bereits 1,6 Meter ties im Boden und das umliegende Gelände sollte noch 2 Meter höher gelegt werden, so daß das Schlößchen fast bis zum Balkon im Boden verschwunden wäre. Da wurde die öffentliche Aufmerksamkeit auf die Gefahr des Versinkens eines Kleinodes der Rokoko-Architektur gelenkt. Die einschlägigen Kreise interessierten sich für das Schlößchen. Es wurde nun zuerst beabsichtigt, das Gebäude zu heben und zu verschieben; dann aber kam man von diesem Plane wieder ab, weil seine Ausführung zu gefährlich schien. So wurden denn die Stuckdecken des oberen Stockwerkes herausgesägt, das Gebäude unter Numerierung aller Hausteine abgebrochen und das ganze Bauwerk 3,5 Meter höher als früher an der Nordfront des Grundstückes gegenüber den Glacisanlagen genau im alten Zustande wieder aufgeführt. Das Werk gelang, und Ende Juli 1905 stand das Gebäude wieder im alten Glanze da. Es ist damit der Allgemeinheit und der Stadt Würzburg ein Kunstwerk, "die einzige suburbane Fürstenvilla in Franken" erhalten. In den Tagen vom 29. bis 31. Juli 1905 wurde das Schlößchen durch ein glänzendes Fest des Korps Rhenania, das am 23. Januar 1842 gegründet wurde, eingeweiht und seinem Zweck übergeben. Die Farben der Rhenanen sind blau-weiß-rot, die Fuchsenfarben rotweiß, die Mützen weiß.

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