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hauptet der Individualismus seine Rechte, die Persönlichkeit erkämpft sich eine bleibende Stätte an der Sonne des Lebens, ihr Name geht nicht spurlos unter wie vielfach in den Zeiten des Mittelalters. Das künden auch die Tafeln an den Ecken vieler Straßen unserer Stadt.

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Eng verbunden mit dem Straßen- ist das Hochbauwesen. Aus dem Mittelalter ist in unserer Stadt noch eine große Zahl von Gebäuden erhalten, welche architektonischen Wert aufweisen. Ein Zeichen dafür, daß das Bauwesen hier stets gepflegt wurde. Namen von Werkmeistern sind uns noch aus dem 12. Jahrhundert erhalten, so jener der Meisters Enzelin. Die späteren Jahrhunderte haben uns hochbedeutende Baukünstler beschert, wir nennen nur Balthasar Neumann, Antonio Petrini, Josef Greising. Regenten wie Stadtverwaltung haben besondere Verdienste um die Baukunst. Der Willkür in der Bauordnung und Baupolizei, namentlich bei Errichtung von Privatgebäuden, wurde durch ein fürstliches Mandat vom 27. August 1722 Einhalt getan. In diesem Mandat wurden Anweisungen über gerade Straßenfronten, Stockwerkshöhen, Mauerwerk und dergleichen gegeben. Es wurde eine Baukommission eingesetzt, die sich aus Stadträten, Hofkammerräten, Regierungsräten usw. zusammensetzte. Der Vorsitzende der Kommission war Balthasar Neumann, sein Stellvertreter Oberbürgermeister und Oberarchitekt Johann Philipp Papius. Zur Bildung "gründlicher Architekten" bestand sogar an der hiesigen Universität im 18. Jahrhundert ein eigener Lehrstuhl für Zivil- und Militärbaukunst.

Die Häuserbezeichnung in der modernen Stadt geschieht nach Nummern. Diese Einfachheit kannten unsere Altvordern nicht. Sie wechselten auch ihre Wohnplätze nicht wie dies heute der Fall ist. Das Haus gehörte der Familie wie diese zum Hause, das Haus war sozusagen ein Lebewesen, das darum einen Namen führte und diesen von Geschlecht zu Geschlecht, von einem Jahrhundert zum anderen, durch ganze lange Zeitalter vererbte. Die Häusernamen wurden allen möglichen Gebieten entlehnt. So namentlich dem Reiche der Tiere und Pflanzen. Es dürfte wohl kein bekannteres Tier und keine einheimische Pflanze geben, deren Namen nicht zur Hausbenennung verwendet worden wäre. Diese Wahl war wohl durch die ritterliche Sitte beeinflußt, ein Wappen zu führen und darin ein Abzeichen in der Hauptsache ein Tier oder eine Pflanze -anzubringen. Eine weitere Gruppe Hausbesitzer wählte die Hausnamen aus den Berufen, denen sie angehörte. Diese Gruppe war zum mindesten ebenso groß wie die eben erwähnte, ein Zeichen dafür, daß Handel und Gewerbe damals in hoher Blüte standen. Weiter waren vertreten: Namen von Kleidern, Schmuck, Gerätschaften, Himmelskörpern, Naturerscheinungen, Waffen, Personen, Familien, dann und wann auch von Städten, Dörfern und spöttische Bezeichnungen aller Art. Andere kleinere Hausbesitzer begnügten sich damit, ihren Besitz als neben oder gegenüber einem Hause mit bekanntem Namen zu bezeichnen. Die meisten Häuser trugen entsprechend ihren Benennungen Abzeichen

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