Vorschau

103

das Steinbild eines Löwen anbringen ließ. Jud benannte sich selbst nach seinem Besitztume "vom Löwen" (Michael de Leone). Für die fränkische, ja für die deutsche Literatur und Geschichte hat dieser Gelehrte ganz Unschätzbares geleistet. Er sammelte die Lieder der Minnesänger und schrieb die Chronik des frühen Mittelalters. Noch heute bewahrt die Würzburger Universitätsbibliothek ein kostbares Manuskript des Michael vom Löwen, worin dieser Geschichtsschreiber auch die lateinische Grabschrift überliefert, die einst auf der Gruft Walthers von der Vogelweide im Lusamgärtlein von Neumünster stand. Michael vom Löwen stand in hohen Ehren; er ward auch vielfach als Staatsmann von seinem Landesherrn verwendet. Er starb am 3. Januar 1355, und auf seinem noch erhaltenen Grabstein vor dem Allerheiligenaltar im Neumünster stehen am Schluß die von ihm selbst gedichteten, in ihrer treffenden Kürze prächtigen Verse: "Daz dir missevil an mir, Daz bewar du an dir." Im heutigen Deutsch: "Was Dir an mir mißfiel, davor bewahr' Du Dich!" L. war ein frommer Mann, der das Stift Neumünster reich bedacht hat. Nach Michaels Tode kam durch Testament der Sohn seines Bruders Peter in den Besitz des Hofes. Er hieß sich Jakob vom Löwen. Auch er tat sich im öffentlichen Leben hervor, er war Mitglied des unteren Rates und ein Führer des nach der Reichsfreiheit ringenden Bürgertums. Allein als der Traum der Würzburger von der Reichsfreiheit ihrer Stadt nach der unglücklichen Schlacht bei Bergtheim am 6. Januar 1400 ein Ende fand, da verfiel auch Jakob vom Löwen dem furchtbaren Strafgericht des Fürstbischofs Gerhard von Schwarzburg. Jakob vom Löwen wurde als Rädelsführer nach damaliger grausamer Sitte am 11. Januar 1400 geschleift, gerädert, gevierteilt und die Teile an Stadttoren aufgehängt. Der Hof fiel dann dem Fiskus anheim und wurde samt dem Katzenwicker vom Bischof Johann I. von Egloffstein (1400-1411) zum Musensitze der 1402 gegründeten Universität bestimmt. Nach einer, einem Lehenbuche entnommenen Nachricht wurde der Hof an Johann Zantfurt, der geistlichen Rechte Lehrer und Chorherr im Neumünster, gegen Entrichtung des jährlichen Zinses überlasten. Dr. Johann Zantfurt, erster Rektor der Hochschule, wurde am 1. Dezember 1413 von seinem Diener im Löwenhof meuchlerisch ermordet. Dieser Mord und die damaligen unruhigen Zeitläufte beschleunigten den Verfall der ersten Würzburger Universität, die Studenten wanderten nach Erfurt aus. Weiter war u. a. Besitzer des Hofes: bischöflicher Geheimschreiber Magister Lorenz Fries (gestorben 1550), der bekannteste fränkische Geschichtsschreiber. 1690 kam der Hof in den Besitz des Klosters Unterzell. Einige Monate nach der Hinrichtung der "Hexe" Maria Renate v. Singer hatte der "Teufelsspuk" im Kloster Unterzell auf so schreckliche Weise zugenommen, daß die 10 Nonnen auf bischöflichen Befehl gegen Ende November 1749 nach Würzburg in den Löwenhof übersiedeln mußten und bis zum Frühjahr 1750 allda verweilten, während mittlerweile das Kloster exorziert wurde. Von dem Kloster erkaufte den Hof Landesarchivar Seidner (gestorben 1829), welcher dessen Hinteren, der Herzogengasse Zugekehrten Flügel (Herzogengasse 5) vom ganzen Hofe trennte und veräußerte. Oberhalb des Toreinganges ist folgende Inschrift: Hof

Virtuelle Bibliothek Würzburg

Virtuelle Bibliothek  > 30/NZ 97959 M533(2) - Würzburgs Straßen und Bauten - ein Beitrag zur Heimatkun...  > Seite 103