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15 Einleitung zur 2. Auflage.

Sind Wörter die Geburtsscheine der Begriffe, die sie bezeichnen, so sind Straßennamen die Zeugnisse des Werdeganges unseres Bürger- und Städtetums. Allerdings gilt dies nur für die älteren Straßennamen. Die modernen Bezeichnungen von Straßen und Platzen sind, mit wenigen Ausnahmen, nichtssagend, charakterlos und meist von einer so armseligen Eintönigkeit, daß sie ermüdender kaum gedacht werden kann.

Die älteren Straßennamen, denen gewissermaßen der Erdgeruch heimischer Bodenständigkeit anhaftet, der mit der Stadtgeschichte, mit den örtlichen Verhältnissen aufs Engste verbunden, aus diesen heraus, vom Volksgeist und Volkswitz geschaffen wurden, sind urechte, redende Denkmale längst vergangener Zeiten und Geschlechter, über deren Leben und Treiben sie noch heute und hoffentlich auch in Zukunft mancherlei Nützliches und Interessantes dem zu erzählen wissen, der ihnen nachgeht und sie zu verstehen sucht. Solche Straßennamen künden uns Entstehen und Entwickelung unseres kulturtragenden Städtewesens und seines Bürgertums, sie regen uns zum Nachdenken an und - was nicht selten der Fall ist - geben uns Rätsel auf, deren Lösung bisweilen recht schwer fällt, soferne sie uns nicht einmal ganz versagt bleibt.

Als redende Denksteine aus der Vorzeit der Vaterstadt oder des Wohnortes beanspruchen die Straßennamen - gleicherweise wie die Erzeugnisse früherer Kultur- und Kunstepochen oder die Naturdenkmale und Schönheiten unseres Vaterlandes -eine rechtzeitige Sammlung und, soweit möglich, dauernde, sorgfältige Erhaltung, dabei aber auch eine eingehende Erforschung ihres Ursprunges und bisweilen schier unerklärlichen Klanges.

Die vorstehenden Sätze entstammen einer Arbeit des bekannten Straßennamen-Forschers Erwin Volckmann in Rostock, welche anläßlich einer Tagung für Denkmalpflege erschienen ist und den Titel führt "Straßennamen und Denkmalpflege". Sie sind ebenso beherzigenswert wie die Worte, welche auf einer anderen Tagung für Denkmalspflege gesprochen wurden. Dort setzten sich der Professor und Museumsdirektor Dr. Meier aus Braunschweig und mehrere andere Redner lebhaft für die Erhaltung alter Straßennamen ein, deren Änderung oft krassem Bürokratismus und Unverstand zu verdanken sei. Ersterer erklärte unter Anderem, daß auf dem Gebiete der Denkmalpflege dem Grundrisse einer Stadt, der den Lauf und die Lage ihrer Stadtmauern, ihrer Bauten usw. ersehen lasse, der erste

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