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Platz einzuräumen sei und stellte nachstehende Leitsätze auf, die einstimmig angenommen wurden:

  1. Jede alte und als solche geschichtlich bedeutungsvolle Bezeichnung von Straßen, aber auch von Plätzen, Brücken, Häusern und ganzen Stadtteilen, dann von Acker- und Waldstücken, Flüssen, Bächen, Teichen und Bergen ist auf alle Fälle zu schützen und zu erhalten, und zwar um so mehr, je eigenartiger und sinnvoller sie ist.
  2. In Sonderheit dürfen alte Namen nicht zugunsten von solchen berühmter oder verdienter Männer des Vaterlandes oder der engeren Heimat beseitigt werden.
  3. Bei Benennung neuer Straßen sind in erster Linie die alten Flur- und Ortsbezeichnungen zu verwenden.
  4. Da, wo erst in neuerer Zeit der alte Name durch einen modernen ersetzt ist, soll der erste, soweit es irgend angeht, wieder zu Ehren gebracht werden.
    1. Es muß freilich dem Taktgefühl der betreffenden Behörde überlassen bleiben, a) in wie weit auch solche alte Namen, die schon im Gedächtnis des Volkes geschwunden sind, wieder in Gebrauch zu setzen sind; b) in wie weit auch ein neuerer Name bereits geschichtlichen Wert gewonnen und deshalb ebenfalls auf Schutz Anspruch zu erheben hat;
    2. c) in wie weit alte, aber verderbte Namen ihre ursprüngliche Form wieder erhalten können.
  5. Zu allen Umnennungen alter Straßen und zur Benennung neuer sollen stets die örtlichen Geschichts- und Altertumsvereine, sowie auch einzelne geschichts- und sprachkundige Personen, insbesondere die Leiter der staatlichen und städtischen Archive, Bibliotheken und Museen als Sachverständige zu Rate gezogen werden.

Alle diese Ausführungen muß ich bei meiner Arbeit über Würzburgs Straßen und Bauten unterstreichen, sie sind auch inbezug auf Würzburg anwendbar. Denn hier wurde bei der Namengebung und der Namenumtaufe von Straßen wohl ebensoviel gesündigt wie anderswo, obwohl das viel weniger notwendig gewesen wäre. Und zwar um deswillen, weil sich Würzburg sehr langsam entwickelt hat und man infolgedessen nicht wie in rasch emporblühenden Großstädten genötigt war, ohne langes Überlegen einer Notlage abzuhelfen, die bei der überaus raschen baulichen Erschließung weiter Gelände entstanden ist. Hier aber hatte man zur Genüge Zeit und man hätte nicht nötig gehabt, eine geradezu häßliche Verflachung der Namengebung für neue Straßen mitzumachen. Aber gar keine zwingende Not bestand für die Änderung alter Gassennamen. Abgesehen von den großen Nachteilen für den Verkehr, für die Orientierung über Geschäfte und Wohnungen, ist eine solche Änderung sinn- und pietätlos und nicht geeignet, den historischen Charakter unserer Stadt zu erhalten. Es gibt auch andere Wege als eine Straßennamenumtaufe, um der

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