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diente und gefeierte Persönlichkeiten zu ehren, und diesbezüglichen Wünschen, welche aus persönlicher Empfindlichkeit oder gar geschäftlichen Rücksichten geschehen, sollte man überhaupt nicht näher treten. Man hat in Würzburg durch zahlreiche Fehler auf dem Gebiete der Straßennamengebung und Straßennamenänderung bewiesen, daß man den Wert der Straßennamen als Denkmäler der Vergangenheit und als Zeugen der EntWickelung unseres kulturtragenden Städteund Bürgertums noch nicht erkannt hat und immer wieder gerne dazu beiträgt -den Spott der an solchen Beschlüssen der hohen Obrigkeit stets kritiklüsternen Bürger herauszufordern.

Wie bei den alten Straßennamen sind auch bei einer Straßenneubenennung vor Allem die von der Tagung für Denkmalpflege aufgestellten Richtlinien in Berücksichtigung zu ziehen. In anderen Städten ist dies bereits geschehen. So in Frankfurt a. M., als in den vor einiger Zeit neueingemeindeten Vororten die Straßen neue Namen erhalten mußten, um Verwechselungen mit Namen, welche sich bereits in der Mutterstadt vorfanden, hintanzuhalten. Insbesonders sind alte Flurbezeichnungen hervorgeholt worden, auch bot da und dort geschichtliche Überlieferung mancherlei Anhaltspunkte. Wenn solches in Frankfurt möglich ist, dann wird es in dem so alten Würzburg mit seiner großen Vergangenheit erst recht der Fall sein können. Auch das Wort Gasse spielt in anderen Orten noch eine Rolle, während man hier an sein Ausmerzen gegangen ist. Ich frage mich: Ist es denn so schlimm, durch eine Gasse zu gehen oder in einer Gasse zu wohnen? Ich frage mich: Gewinnt die Stadt an Ansehen, wenn sie gewissen schmalen und oft recht kurzen Gäßchen, in denen kaum zwei Handwagen aneinander vorbeifahren können, den tönenden Namen Straße gibt?

Bei der Benennung neuer Straßennamen sollte auch in Würzburg ein Verfahren eingeschlagen werden, dem nicht mehr der Vorwurf armseligster Eintönigkeit und Erzeugung einer Fabrikmassenware übelster Art anhaftet und die alten Straßennamen sollten mehr wie bisher geschützt werden. Damit verknüpfe ich den Wunsch an die zuständigen Stellen, mit dazu beizutragen zur Deutung alter Namen. Dadurch wird in weiten Kreisen der so vielfach mangelnde geschichtliche Sinn geweckt, das Verständnis für Leben und Treiben unserer Vorvorderen vertieft und letzten Endes die Liebe zur heimatlichen Scholle und ihrer Ureigenart wesentlich gefördert.

Namentlich der Jugend sollte es eingeimpft werden, daß sie nicht stumpffinnig durch die Straßen wandert. Mit offenen Augen soll sie alle Eindrücke aufnehmen. Die Schule hat die vornehme Aufgabe, die heranwachsende Jugend auf die Kulturwerte großer vergangener Zeiten, von denen wir in unseren Straßen ja unendlich viele haben, aufmerksam zu machen und Sinn und Auge zu öffnen für diese Schätze. Die Jugend ist empfänglich dafür und unsere vortreffliche Lehrerschaft weiß Gefühl und Verständnis für genannte Dinge bei ihren Jüngern zu wecken. Es gilt heute ganze Menschen zu schaffen. Zum ganzen Menschen gehört, daß er für alles, was ihn umgibt, ein Interesse bezeugt. Solche ganze Menschen sind aber jetzt

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