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Asbeck aber ließ lediglich die Geräte auf den öffentlichen Fechtboden des Augustinerklosters verbringen. Dort wurden die Übungen, an denen sich bald auch Gymnasiasten beteiligten, von der Polizei streng geregelt und beaufsichtigt. Trotz Befürwortung durch den Kurator wurde im August 1820 die Turnerei durch kgl. Reskript verboten, worauf der Kurator anordnete, daß die Turngeräte während der nächsten Herbstferien zu verschwinden hätten, was auch geschah; sie wurden dem Zimmermeister Leipold, der noch Arbeitslohn zu fordern hatte, abgetreten. Mehrfache Gesuche der turnfreudigen Studenten in der Folgezeit wurden strikte abgewiesen. Erst als 1825 König Ludwig

I. auf den bayerischen Thron gelangt war, kamen für die Turner wieder bessere Tage. Der König gestattete 1826 den Schülern der Studienanstalt (nachmaliges Altes Gymnasium) und im folgenden Jahre auch den Würzburger Burschenschaften die Vornahme gymnastischer Übungen, ja er regte sogar selbst die Einführung des Schwimmunterrichts am Alten Gymnasium an. Der Turnplatz für die Gymnasiasten und Studenten befand sich am damaligen Festungswall zwischen dem Hotel National und dem Hauger Schulhaus. Der Freiheitshauch des Jahres 1848 brachte für das Turnen, wie allerwärts, so auch hier eine mächtige Anregung. Am 18. Mai genannten Jahres gründeten mehrere junge Kaufleute die Würzburger Turngemeinde. Noch im gleichen Jahre sagten sich einige Mitglieder von derselben los und bildeten den Turnverein. Aber schon nach kurzer Zeit erfolgte behördlicherseits die Auflösung beider Vereine (Turnverein 1852, Turngemeinde 1853) wegen "politischer Tendenzen", ein Vorgang, wie er sich gleichzeitig im ganzen Reiche zutrug. Bis 1868 führte dann das Turnen ein klägliches Dasein. Die Mitglieder der Turngemeinde übten hie und da in abgelegenen, verborgenen Räumen. Mit der obligatorischen Einführung des Turnunterrichts an den bayerischen Mittelschulen im letzterwähnten Jahre kam auch das Vereinsturnwesen wieder zu freier, großer Entfaltung. Dieser Aufschwung war hauptsächlich dem Universitätsprofessor Dr. Edel zu verdanken, der im Bayerischen Landtag eindringlich auf die Bedeutung des Turnens hinwies. In den hiesigen Volksschulen erfolgte bereits 1866 die Einführung des Turnens als fakultativer Lehrgegenstand. Die tatkräftige Unterstützung seitens der Stadt sicherte unserem Schulturnwesen eine ausgezeichnete Entwicklung. An den Mittelschulen und höheren Bildungsanstalten stebt das Turnen ebenfalls vollkommen auf der Höhe der Zeit. Unsere Universität besitzt eine eigene Turnhalle. Die akademische Turnerschaft Asciburgia (gegründet 1851) hat der Gymnastik eine besondere gastliche Stätte an der Alma Julia bereitet. Unter den hiesigen Turnvereinen behauptet die erste Stelle die Turngemeinde, deren Gründung und erste Entwicklung bereits erwähnt worden ist. Kurze Zeit nach ihrer Gründung rief die Turngemeinde die Freiwillige Feuerwehr ins Leben. Der erste Vorstand C. Stephan Bauer war zugleich auch Kommandant der Feuerwehr. 1862 bezog die Turngemeinde die von der Stadt ihr überlassene städt. Turnhalle in der Korngasse. 7 Jahre später gründete sie den "Würzburger Turngauverband", der zu den stärksten und angesehensten Gauverbänden zählt. Der Mitgliederstand war 1861 ca. 170, er stieg von Jahr zu Jahr und heute beträgt er über 2000. Das Ver

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