Vorschau

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Seite des Manuskriptes steht von des Meisteis Hand in klarer, schöner Schrift: "Dem Würzburger Musikverein zum Andenken verehrt," darunter "Introduktion: Chor und Sextett." Das ganze Manuskript besteht aus 19 Blättern. Lange hat das Geschenk des jungen Künstlers, halb vergessen, in dem Archiv des Musikvereins geruht. Dann zerfiel der Verein in sich und seine vorhandenen Musikalien wurden nach dem Gewicht (!) unter die letzten Mitglieder verteilt. Auf diese Weise kam das Manuskript in den Besitz eines Herrn Baier und nach dessen Tod wurde es mit anderen Noten von der Musikalienhandlung von Röser in der Lochgasse erworben. Als Wagner im Jahre 1879 von der Existenz seines langst vergessenen Opus hörte, strengte er gegen R. einen Prozeß auf Herausgabe an, den er jedoch in zwei Instanzen verlor. Das wertvolle Stück wurde später zu geringem Preise nach auswärts verkauft und war dann längere Zeit im Besitze einer englischen Dame namens Miß Burrel. Jetzt ist das Fragment im Besitz des Professors Sandbeiger in München. Die Theaterferien von Anfang Mai bis Ende September, welche von Albert Wagner und seiner Frau (einer guten Schauspielerin) zu Gastspielen benützt wurden, verbrachte Richard in der Wohnung seines Bruders, um dessen beide Kinder zu beaufsichtigen. Die drei letzten Monate aber bis zu seiner Abreise am 15. Januar 1834 wohnte Richard im Hause Lochgasse 34 (jetzt Spiegelstraße). In diesem Hause hat Wagner am 6. Januar 1834 "Die Feen" vollendet. Aber auch sonst erinnern manche Örtlichkeiten an den Aufenthalt des Meisters in der Frankenmetropole. Vor allem auch der Letzte Hieb, wo Wagner oft und gerne im Kreise gleichgesinnter Freunde weilte. Er selbst schreibt darüber: "Mit ihm (Alexander Müller) und anderen Freunden machte ich oft Ausflüge in die Umgebung, wobei es in bayerischem Bier und fränkischem Wein lustig herging. Der "Letzte Hieb", ein auf anmutiger Höhe gelegener öffentlicher Biergarten, ward fast allabendlich Zeuge meiner wilden, oft enthusiastischen Lustigkeit und Ausgelassenheit: nie kehrte ich in den warmen Sommernächten von dort zu meinen drei Pflegekindern zurück, ohne über Welt und Kunst in sonderbare Extase geraten zu sein." Zu seinen Freunden, deren Umgang er liebte, zählte auch ein Schwabe namens Fröhlich und besonders der fruchtbare Komponist V. Hamm. Auch die Würzburger Mädel hatten es dem jungen Chordirigenten angetan, und gerne erinnerte er sich in späteren Jahren mancher zarten Würzburger Maid. Mit großem Lob hat sich der Meister über die Pflege der Musik in Würzburg ausgesprochen, "wo außer einem vollständigen Theaterorchester die Orchester einer Musikgesellschaft und eines Seminars sich abwechselnd zu Gehör brachten". Daß der junge Meister -so sagt Koch in seinem Werke über Richard Wagner auch gar aufmerksam betrachtet hat, was die alte fränkische Bischofsstadt in ihren Kirchen an Kunstaltertümern besitzt, beweist eine gelegentliche Äußerung aus Wagners letzten Lebensjahren in der geschichtsphilosophischen Betrachtung "Religion und Kunst". Und auch ohne jedes schriftliche Zeugnis wissen wir, daß in der Einsamkeit der Sommermonate, die im Theater nur selten durch das Deklamatorium eines Wandervirtuosen unterbrochen wurde, der Naturfreund Wagner sich in Wanderungen im lebengesegneten Maintal erquickte, der Geschichts

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