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Letzterer erwiderte aber, daß er das Kleinod der Stadt schon längst angeboten habe, er habe mit dieser aber in keiner Weife handelseins werden, geschweige von ihr den Preis erhalten können, den das Berliner Museum angelegt habe. Was weiter geschehen ist, darüber berichtet ein Berliner Blatt folgendes: "Der kauffreudige Berliner Professor war nach Würzburg gekommen, hatte gleich in bar gezahlt und dann in Aussicht gestellt, daß er nächstens mit geschulten Berliner Arbeitern wiederkommen werde, das alte Gewölbe abzubrechen und es nach der Reichshauptstadt zu überführen. Während die Wogen der Entrüstung ringsum hochgingen, schlich sich Einer stillvergnügt Tag für Tag des Morgens zum Brücken-, des Abends zum Reurerbäck, zu Früh-und Dämmelschoppen. Das war der Baumeister, der seinerzeit im Auftrage Rosenthals den aufgefundenen Kreuzgang mit dem Grabstein Walthers von der Vogelweide wieder zusammengesetzt hatte. "Den Kreuzgang? Den kriege die Preuße nöt!" erklärte er mehr als einmal. "Ich freu' mich bloß, wann der Bode kommt mit sei' Berliner Arbeiter!" -.... Der Baumeister hat Bodes Wiederkunft nicht mehr erlebt; er hat vor einiger Zeit das Zeitliche gesegnet. Auf dem Sterbebett hat er aber sein Geheimnis noch verraten. "Kein Mensch kann den Kreuzgang von seinem Platz fortnehmen. Der Zement, mit dem ich die Stücke aneinander gepappt, und in den ich das Ganze eingelassen habe, ist unzerstörbar. Man kann den Sandstein wohl vernichten, nicht aber ihn aus seinem Lager herausbrechen. Da bleibt alle Kunst umsonst..." Es war in der Tat so. Geheimrat Bode hat unverrichteter Sache wieder abziehen müssen. In der Tat, der Baumeister hatte vorzügliche Arbeit getan; das Gefüge des Kreuzganges war nicht zu lockern. Die Berliner sind, nachdem sie sich vergeblich geplagt, wieder abgereist, der berühmte Kreuzgang, Walthers Grabstein einbegriffen, ist unberührt. Geheimrat Bode hat versucht, das Geschäft rückgängig zu machen, Rosenthal aber hat bedauernd die Achseln gezuckt." -In der Sitzung des Stadtmagistrats vom 10. Oktober 1913 machte Bürgermeister Ringelmann die hocherfreuliche Mitteilung, daß laut Ministerialentschließung vom 2. Oktober der Neumünstertreuzgang in das Eigentum des bayerischen Staates übergegangen ist und daß das Kultusministerium auf Grund Ermächtigung des Prinzregenten verfügt hat, daß der Kreuzgang dauernd und unwiderruflich in Würzburg belassen werde.

An Walthers Grab knüpfte sich die Sage von seiner letztwilligen Verordnung, nach der auf seinem Grabstein Körner gestreut und Wasser zum Trinken hingegossen werden sollte. Das Kapitel des Neumünsters aber wandelte diese Stiftung für die Vögel in eine für die Chorherren um, die an Walthers Todestag Semmeln erhalten sollten.

Aus einer alten Chronik konnte man die lateinische Inschrift des Spruchbandes an Walthers Grab, die in deutscher Übersetzung lautet: -Der du,

o Walther, im Leben der Vögel Weide gewesen, bist nun, Blume der Kunst, der Pallas Mund, uns gestorben! Weil dann also dein Wort die goldene Krone Dir fordert, spreche wer immer dies liest: o Gott, erbarme Dich seiner!" feststellen.

Zum Andenken an den großen Lyriker wurde am 25. August 1843 an der Außenwand des Münsters, nahe dem Chor, vom histo16

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