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facher Holzbau oder bereits ein Steinbau war, ob feiner noch Neste jener ursprünglichen Kapelle vorhanden sind, muß vorerst dahingestellt bleiben. Da im Mittelalter die Synagogen gewöhnlich massive Steinbauten waren, ist es möglich, daß Überreste der Synagoge für die Errichtung jener Kapelle verwendet wurden. Von Andächtigen fielen viele Opfer an Geld und Geldeswert, sodaß das Kirchlein in Kürze ein ansehnliches Vermögen hatte.

Bischof Gerhard v. Schwarzburg (1372-1400) ließ das Kirchlein abbrechen und an seiner Stelle am Vorabend von Pfingsten, 16. Mai 1377 (wie eine lateinische Inschrift an einem Strebepfeiler in der Nähe des Südportals besagt) mit dem Bau einer neuen großen Kirche zu Ehren "Unserer lieben Frau" beginnen. Ihr Chor konnte am 17. November 1392 geweiht weiden. In frommen Spenden und Stiftungen für die Kapelle der Patronin des Frankenlandes fanden sich in jener Zeit in ungetrübter Eintracht der stiftische Adel und die Bürgerschaft, wenn sie auch in den erbittertsten Parteifehden sonst entzweit waren. Die Kämpfer der unseligen Schlacht bei Bergtheim (1400) weihten ihre Panzer der Herzogin des Frankenlandes, schenkten der Marienkapelle eiserne Sporen und hingen in ihr eroberte Fahnen und in der Gefangenschaft getragene Ketten auf. Frauen aus dem Bürgerstande wie Damen des Adels schenkten der Kirche ihre Brautkleider, ihre Schleier, ihre silbernen und goldenen Armspangen. Und in dieser frommen Übung, die aus einer freudenleeren Zeit stammte, in der die Kräfte wie in starrer Lähmung gefesselt lagen, verharrten die Würzburger fast noch ein Jahrhundert. Reiche Spenden fielen der Marienkirche zu -ein Thiele Rephun weiht ihr ein Jahr nach der Schlacht bei Bergtheim Hab und Gut, und andere, auch Minderbemittelte, folgen begeistert seinem Beispiel. Wenn der Bau trotzdem -auch nach der Bergtheimer Schlacht -zeitweilig zu stocken schien, so hing dies mehr mit Unstimmigkeiten in der Bauhütte als mit finanziellen Schwierigkeiten zusammen. Als Meister, welche den Bau leiteten, werden genannt Meister Weltz (1434-1441), Meister Eberhard Friedebeiger von Frankfurt (1441-1460), Meister Linhart Strohmaier (1460-1470), unter welchem im Jahre 1461 das Langhaus verputzt und gemalt wurde, Meister Hans von Königshofen, Craft Kunstadt u. a. Unter Meister Dietrich, welcher die Giebelblumen des Turmhelmes meißelte, wurde im Jahre 1479, also 102 Jahre nach der feierlichen Grundsteinlegung, der Steinbau des Turmes vollendet, den sodann der Kannengießer Meister Heintz Bamberger mit Blei deckte, während Simon Moler die Turmleisten schwarz und rot anstrich. Das Jahr 1479 kann somit wohl als Jahr der baulichen Vollendung der Marienkapelle angesehen werden. Freilich erstreckte sich, wenn auch in jenem Jahre der Kapellenbau der Hauptsache nach fertig dastand, diese Vollendung noch nicht auf die Einzelheilen; namentlich gebrach es dem Baue noch an mancherlei bildnerischem Schmucke. Der hölzerne Turm war ein Spitzturm. Die äußeren Ornamente wurden noch später geschaffen. Im Jahre 1491 fertigte Tilman Riemenschneider die an der südlichen Türe stehenden Figuren Adam und Eva (die Originale sind im Luitpoldmuseum), dann 1500 die 14 Statuen, welche die Nebenpfeiler schmücken. Am

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