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glieder dieses Ritterbundes sind in der Kapelle begraben, so u. a. Ritter Martin von Seinsheim, gest. 1434. Er trägt um den Hals ein wulstartig geschlungenes Band, von welchem mittels Schnürchen mehrere Exemplare einer Zierat herabhängen, welche auf den ersten Blick fast einer Schnalle gleicht. Sie ist sechseckig, an den Ecken mit kleeblattförmigen Verzierungen besetzt und mit einem Schwerte belegt. Dies Schwert wird auf diesem Grabstein nicht leicht als solches erkannt; aber eine Vergleichung mit späteren Grabsteinen führt darauf. Die Ritter Jörg Schrimpf (gest. 1556) und Valtin Münster (gest. 1558) tragen nämlich auf der Brust, gleich einem Ordensstern, eine ähnliche Zierat. Dieselbe ist jedoch nicht mehr sechseckig, sondern hat die Gestalt eines Rades, dessen Speichen sich über den Umkreis desselben hinaus zu verlängern scheinen. Es möchte fast an das Marterrad der hl. Katharina gemahnen. Über das Rad ist ebenfalls ein Schwert gelegt, dessen Gestalt hier deutlich zu erkennen ist. Neben dieser Zierat tragen beide Ritter auf der Brust noch eine andere, nämlich das neunfache Kreuz, wie es uns im Wappen vom hl. Grabe entgegentritt. Wahrscheinlich waren beide Ritter zum Grabe des Erlösers gepilgert, wie der Ritter Konrad von Schaumberg, auf dessen ebenfalls in der Kapelle befindlichem Grabstein bemerkt ist, er sei bei der Rückfahrt vom hl. Grabe auf dem Meere gestorben.

Die Marienkapelle blieb während der Glaubensspaltungsperiode dem kath. Gottesdienste stets erhalten. Ja, als am 9. September 1633 auf Befehl des in schwedischen Diensten stehenden Herzogs Bernhard von Weimar der hohe Dom zu Würzburg den Protestanten zu alleiniger Benützung überwiesen wurde, ward die Dompfarrei in die Marienkapelle verlegt. Am 11. September vormittags wurde das Hochwürdigste Gut, das Tags vorher aus der Dom-in die Neumünsterkirche verbracht worden war, unter überaus großer Begleitung von Priestern und Laien aus der Neumünsterkirche in die Kapelle übertragen, wobei viele Tränen vergossen wurden. Erst am 29. Okt. I634 konnte die Pfarrei unter entsprechender Feierlichkeit wieder in den Dom zurückverlegt werden.

In der Folgezeit wurde die Kapelle wiederholt Restaurationen unterworfen, besonders 1843-53. Die letzte große Innen-Restauration fand 1860-69 statt; die Kapelle ist ehedem im Innern bemalt gewesen; aus dem 16. Jahrhundert findet sich ein Bericht, wonach die Kirche im Innern "geweißet" wurde. 1535 wird berichtet, daß der große Christoffel, der an die innere Chorwand angemalt war, "ausgestrichen" worden sei. Die Übertünchung des Innern wurde öfter wiederholt. 1634 wurden die an den Schlußsteinen des Langhauses ausgemeißelten, schönen Rosen herabgeschlagen, um dem Mißstand, daß Spatzen darin nisteten, gründlich abzuhelfen. In den Jahren 1910-1913 ist die Marienkapelle auch äußerlich einer gründlichen Renovation unterzogen worden.

Die Marienkapelle atmet den ganzen Dekorationsgeist ihrer Erbauungszeit. Sie darf zu den herrlichsten Denkmälern deutscher Baukunst am Ausgang des Mittelalters gezählt werden. Sie ist insoferne auch baugeschichtlich wichtig, als wir in ihr eine der wenigen fränkischen Hallenkirchen besitzen. In dem zierlichen Bau, dessen Außen

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