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wurde eine Hinrichtung aufgeführt. Zwei Soldaten der Garnison, darunter ein geborener Würzburger, wurden auf dem Bauernmarkt öffentlich stranguliert, nachdem sie zuvor vom Quardian des Kapuzinerklosters erbaulich vorbereitet waren. Beim Finale dieser Tragödie entstand in der Luft ein so furchtbares Getöse, daß alles darob in Angst und Schrecken geriet und auseinander lief. Dabei wurden viele Menschen im Gedränge niedergerissen, überlaufen und verwundet, auch büßten Viele ihre neugierige Schaulust mit dem Verluste von Hüten und Mänteln. Über dieses Phänomen, eine Windsbraut, fielen dann viele ungleiche Urteile und Deutungen, an denen besonders der Aberglaube teilnahm.

1697 wurde der Platz gepflastert. 1868 fand man bei Tiefbauten sumpfigen Moorboden. Aus den Funden, welche man machte, schloß man ursprünglich, daß hier menschliche Niederlassungen (Pfahlbauten) gestanden haben, die weit über die historische Zeit hinausgehen. Der Forscher Dr. Hock dagegen erklärt, daß die Gegenstände durchaus mittelalterlich und teilweise noch jünger seien. Die Pfahlreste entstammen Holzrosten, die als Substruktionen für mittelalterliche Häuser dienten. Das Gebiet der Altstadt scheint in vorgeschichtlicher Zeit infolge des ungünstigen, teilweise auch Überschwemmungen ausgesetzten Geländes nicht besiedelt gewesen zu sein. Vielmehr liegt eine durch verschiedene vorgeschichtliche Perioden reichende Siedlungsstelle oberhalb Würzburgs an der linken Seite des Mains auf dem alten lößreichen Hochufer in der Nähe von Heidingsfeld.

Während der Marktplatz auf seiner östlichen und westlichen Seite durch die von Michael Kaut und Antonio Petrini geschaffenen Bauten bereits gegen das Ende des 17. Jahrhunderts eine entsprechende geradlinige Umrahmung erhalten hatte, war die Südfront durch eine Reihe kleiner, alter Häuser verunstaltet. Fürstbischof Friedrich Karl v. Schönborn ließ diese um den Preis von 32 625 Gulden ankaufen, niederreißen und an ihre Stelle in den Jahren 1739 bis 1745 acht Neubauten im Gesamtkostenbetrage von 25 732 Gulden nach dem Plane Balthasar Neumanns aufführen und sie dann weiter veräußern. Dabei ergab sich eine Mindereinnahme von 30 000 Gulden.

Ein Marktbrunnen inmitten des Platzes sollte schon bei der ersten Wasserleitungsanlage im Jahre 1733 erstehen; es wurde damals aber lediglich ein einfacher Wasserauslauf in der Ecke vor dem sog. Brodhause hergestellt. Erst zu Anfang des 19. Jahrhunderts wurde der ursprüngliche Plan wieder aufgenommen. Dem napoleonischen Stil entsprechend wählte man einen Obelisk. Für zwei Seiten seines Sockels modellierte Professor Martin Wagner in Rom, ein Sohn des Hofbildhauers Johann Peter Wagner und Stifter des kunsthistorischen Instituts unserer Universität, Reliefs. Die beiden Reliefs, edle Gebilde des klassizistischen Geschmacks, stellen in Anpassung an die Bestimmung des Marktes weibliche Figuren mit Feldfrüchten, Gemüse, Obst, Wild u. dgl. dar. Im Jahre 1805 spendete der Brunnen zum ersten Male Wasser. Im Jahre 1881 wurden die Hochreliefs durch die Bildhauer Herterich und Müller erneuert.

Auf dem Marktplatz werden gärtnerische und landwirtschaftliche Erzeugnisse aller Art feilgehalten. Früher war daselbst einmal im

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