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verrichteten. Die Andächtigen schmückten das Bild mit Feldblumen und Laub. Man schrieb ihm Wundertaten zu und bald wurde aus der Gebetsstätte von Wanderern eine Wallfahrt, die nach und nach großen Zuspruch hatte. Gläubige brachten das Bild unter Dach. Das schützende Dach vergrößerte und verschönerte sich zu einer Kapelle. (Im Volksmunde wurde sie stets Käppele [eine deutsche Umformung des lateinischen Lehenswortes capella] genannt.) Es geschahen neue Wundertaten und der Zuspruch wurde immer stärker.

1650 sah sich der Fürstbischof Johann Philipp v. Schönborn veranlaßt, die Gerüchte über die geschehenen Wunder durch seinen Weihbischof I. Melchior Söllner auf ihre Wahrheit hin prüfen zu lasten. In dem am 6. Juli 1650 aufgenommenen Protokolle heißt es u. a. wörtlich: "Man hatt auch folgendte Personen abgehört wegen der vermeinten Wallfahrt auff den Kleßberg, allwo schir wochentlich vil geopfert wurde an wachs, auch etwas an geldt. Christophorus Menskirch, ein portenwürker alhie sagt aus, daß er vor drei jahren neben seines Vatters Weinberg gesehen Hab ein klein Häußlein, und darinnen ein Marienbild, neben 2 wächserne köpff und ein beinlein; weil das Häußlein alt war, wolle er ein neues machen lassen. Denn als er dies jahr am Fiber krank lag, hat er nachher Dettelbach ein Bildt und ein Kelchtüchlein verlobt, und ist darauff gleich wid gesund nacher sechs Wochen, in denen er kein bissen brodt genießen können. Habe auch wegen große schmerzen der zähn verlobt in die krufft ins Neumünster zwei wächserne zähn. -Barbara Reussin, Hoffgutscherin, hat über 6 Wochen große schmerzen an dem gantzen linken bein gehabt, wiewol nichts offen, hat ein wächsernes bein dahin verlobt und ist bald gesund wordten, ist auch deßwegen nacher Höchberg gegangen." Die ganze Untersuchung hatte den Erfolg, daß statt des alten baufälligen Häusleins eine kleine Kapelle mit hölzernem Dache erbaut und darin das Vesperbild aufgestellt wurde. Die Aufsicht darüber und die Einsammlung der Opfer war dem Pfarrer zu St. Burkard übertragen, in dessen Pfarrsprengel die Kapelle lag, Kapuziner verrichteten in der Hauptsache die Gottesdienste. Der Zudrang der Andächtigen nahm von Jahr zu Jahr zu, so daß der enge Raum des Kirchleins die Besucher bei weitem nicht zu fassen vermochte.

Da erlaubte der Fürstbischof Konrad Wilhelm von Wernau den kleinen Wallfahrtsort abermals zu vergrößern und mit einem Turme zu versehen, dessen unterer Raum zur Sakristei diente; auch eine kleine Orgel war dort angebracht, deren Töne durch ein offenes Chörlein in die Kirche gelangten. In späteren Jahren wurden neue Altäre errichtet. Im Jahre 1741 wurde der Ort erweitert und neben der Kapelle noch eine kleinere mit einem Altare errichtet. Im Spätsommer des Jahres 1747 wurde der längst beabsichtigte große Kirchenbau in Angriff genommen, und am 5. April 1748 legte der Abt von Oberzell, Pater Oswald Lochert, unter großer Feierlichkeit den Grundstein. Im Jahre 1758 stand die Kirche im Rohbau vollendet da. Unterdessen waren auch die Kapuzinerpatres baulustig geworden. Das Konvent in Würzburg führte ein kleines Hospiz auf, damit der Gottesdienst regelmäßig besorgt werden konnte. Nur langsam schritt der Bau und der innere Ausbau des Gotteshauses und der Bau der

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