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Klosters Zu erbauen. Es blieb aber beim Versprechen, der Rat unterließ es, auf Wiedererbauung des Turmes zu dringen.

Von den Besuchern des Klosters war die interessanteste Erscheinung Martin Luther. Dieser kam das erste Mal im Jahre 1518, ein Jahr nach dem Anschlag seiner 95 Thesen gegen den Ablaß, in unsere Stadt und zwar auf der Reise zum Ordenskapitel in Heidelberg. Der Kurfürst von Sachsen, der für des Reformators Sicherheit Befürchtungen hegte, hatte ihm ein Geleitschreiben nach Heidelberg mitgegeben; ferner hatte der Fürst ihm auch an den Würzburger Bischof Lorenz von Bibra (1495-1519) und an Sigismund von Thüngen ein Empfehlungsschreiben mitgegeben. Luther reiste jedenfalls am Montag, den 12. April 1518 von Wittenberg ab. Er unternahm die Reise zu Fuß in Begleitung eines Voten, Urbanus genannt, der bis Würzburg ging. Es war eine armselige Reise -es fehlte an Geldmitteln. In Würzburg langte Luther mit seiner Begleitung in der Nacht vom Samstag auf Sonntag, den

18. April früh im Augustinerkloster an. Noch am selben Tage des Abends übermittelte er die Empfehlungsschreiben. Den Herrn Sigismund von Thüngen traf er nicht zu Hause. Es wurde ihm bedeutet, daß er auch vor zwei bis drei Tagen kaum zurückkomme. Lorenz von Bibra, der Bischof von Würzburg, nahm den Empfehlungsbrief in Empfang und gewährte Luther persönliche Audienz -"ließ ihn rufen". Der Bischof war sehr huldreich gegen ihn und bot ihm auch einen Geleitsmann für die weitere Reise an, da der erste Bote Urbanus bloß bis Würzburg beordert war. Dieses Anerbieten schlug Luther aus, weil er ja von hier aus in Gesellschaft zu Wagen reise, erbat sich aber einen "Kredenz", den er auch erhielt. Am Montag, den 19. April 1518, schrieb er vom hiesigen Kloster aus einen Brief an seinen Freund Spalatin, den Vertrauten des Kurfürsten von Sachsen, in Wittenberg, der seine Ankunft und seinen Empfang hier in Würzburg schildert. Was Bischof Lorenz von Bibra alles zu Luther, dem er von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand, gesagt hat, weiß wohl Niemand zu bestimmen, aber die Tatsache steht fest, daß der Bischof gegen Luther nicht nur nicht eingenommen, sondern geradezu für ihn besorgt war. Das Empfehlungsschreiben, der Kredenzbrief oder Geleitsbrief, wurde bereitwilligst erteilt. In einem Brief an den Kurfürsten von Sachsen, ngs des Jahres 1519, nahm sich der Bischof sorglich des Bedrängten (L.) an und sagt: "Euer Lieben wollen ja den frommen Mann Doctor Martinus nicht wegziehen lassen, denn es geschehe ihm Unrecht". Diese Worte gefielen dem Kurfürsten aus dem Munde eines Bischofs so gut, daß er sie selber abschrieb und dem Spalatin übersandte, ja wenige Wochen vor seinem Tode sich durch seinen Edelknaben noch an sie erinnern ließ. Spalatin hegte die feste Hoffnung von Lorenz v. Bibra, daß er, falls er noch länger gelebt, das heilige Evangelium angenommen hätte. Lorenz starb bereits am 6. Februar 1519. -Nach der Rückkehr von Heidelberg Anfang Mai 1518 reiste Luther mit seinen Begleitern, darunter sein Erfurter Philosophielehrer Dr. Bartholomäus Arnoldi Usingen und der Erfurter Prior Dr. Johannes Lang, denen sich noch der Würzburger Prior anschloß, zu Wagen nördlich bis Erfurt und von da über Eisleben

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