Vorschau

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nach Wittenberg. Auf diese Weise war Luther zum zweitenmale im hiesigen Kloster, wo die Tradition auch noch das Zimmer im Südtrakte des alten Klostervierecks nennt, das er sowohl das erste Mal wie das zweite Mal bewohnt haben soll. Den Dr. Usingen, seinen, Lehrer, wollte Luther auf der Heimreise, da er mit ihm in demselben Wagen war, von seinen Anschauungen überzeugen. Mehr als mit allen anderen hat er mit diesem Reisegefährten sich disputationsweise unterhalten, zweifelte aber selbst daran, ob er etwas ausrichte. "Bedenken tragend und kopfschüttelnd, achselzuckend hat er seinen Lehrer in Erfurt zurückgelassen." Derselbe konnte sich in die Lehren und Anschauungen seines Schülers nicht finden. Äußerlich blieb Luther noch zwei Jahre mit dem um 20 Jahre älteren Dr. Usingen befreundet, aber die Scheidung der Geister war bereits eingetreten. Usingen harrte aus als Hauptverfechter des alten Kirchentums und gab sich vergeblich Mühe, Johannes Lang, der besonders in Erfurt für die neue Lehre eiferte, und auf dessen Betreiben schon 1521 der katholische Gottesdienst dortselbst abgeschafft wurde, für sich zu gewinnen. Usingen war der Einzige, der in Erfurt seinem Orden treu blieb, der zwar für eine Reform, aber nicht für einen radikalen Umsturz war. Die Jugend hatte äußerlich den Sieg davon getragen. Durch seine eigenen Schüler verspottet, bekämpft und verhöhnt, verließ Dr. Usingen endlich die Stätte seiner 30 Jahre währenden Wirksamkeit und zog sich in das Augustinerkloster zu Würzburg zurück, wo er am 8. September 1532 starb und in der Klosterkirche begraben wurde.

Die Kirche, in einfachem gotischem Stil erbaut, stand auf dem Platze gegen die Neubaustraße. Unter dem Chor befand sich ein Schwibbogen, unter dem die Straße durchführte. (Einen ähnlichen Schwibbogen findet man heute noch an der Burkarderkirche.) Unter dem Bischof Johann Gottfried von Guttenberg (1684-1698) wurde um eine freiere, lichte Verbindung zwischen der inneren und äußeren Stadt herzustellen, der Chor samt dem Schwibbogen abgebrochen und die Kirche nach den Plänen der Baumeister Petrini und Pezani umgebaut. 1691 war der Umbau, durch den die Kirche verkürzt wurde, vollendet. 1698, 1700 und in späteren Jahren wurde das Kloster (Augustinerstraße 24 und 26) zum Teil um-resp. neugebaut.

Die Augustiner bezogen 1813 das säkularisierte Dominikanerkloster. Für das verlassene Kloster erhielten sie bis 1860 vom Staat jährlich 560 M Miete. Im genannten Jahre ging das alte Augustinerkloster um 66 000 Gulden an den Staat über, während die Augustiner für ihr neues Kloster 60 000 Gulden an den Staat entrichten mußten. Die Klosterkirche wurde im Jahre 1824 abgebrochen. Es entstand ein Neubau mit einer Kapelle, der samt einem Teil des alten Klosters 1825 vom Schullehrerseminar bezogen wurde. Weiter wurde in den Räumen untergebracht: 1829 das Gymnasium, 1834 die Lateinschule (näheres über beide Anstalten siehe unter Domerschulstraße 18). Die achtklassige Studienanstalt feierte im Jahre 1861 ihre 3. Säkularfeier. Seit ihr (im Jahre 1874) eine weitere Klasse angefügt wurde -die 1. Lateinklasse neuer Formation -, steigerte sich der Andrang immer mehr und es wurde deshalb Rennwegerring Hs.-Nr. 12 ein neues Gymnasium errichtet und 1884 eröffnet.

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