Vorschau

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legte man alle Siechen im Siechenhause vor dem Zellertore zusammen, während man das Siechenhaus vor dem Sandertor zu einer Herberge oder Spital der armen Ehehalten bestimmte. Unter dem Namen Ehehaltenhaus erscheint das Haus schon unter dem Fürstbischof Julius Echter v. Mespelbrunn, welcher am 21. Januar 1585 dem Rate der Stadt eröffnen ließ, daß die Testamentare des verstorbenen Bürgermeisters Paul von Worms sich zwar erboten hätten, das "Ehehaltenhaus" außerhalb der Vorstadt Sand zu bauen und dem Stifter daselbst ein Denkmal zu setzen: allein er habe dieselben bewogen, anstatt dessen das Bürgerspital am Hauger Tore vollends ausbauen zu lassen, was von ihnen auch geschehen. Da nun die erwähnten Testamentare nicht im Stande wären, außerdem auch noch das Ehehaltenhaus zu bauen, so wolle er für diesen Bau sorgen und verlange nur, daß man ihm einen Plan dazu vorlege.

Die Bestimmung des Hauses in gewöhnlichen Zeiten für alte Dienstboten geht aus einem Ratsbeschluß vom 17. März 1595 hervor, nach welchem der Rat bestimmte, die Ehehalten der Geistlichen nicht mehr in das arme Ehehaltenhaus aufzunehmen. Die Geistlichen sollten sie nur in ihren eigenen Armenhäusern verpflegen und dieselben wieder in Stand setzen; so z. B. die Herren vom Neumünster das Haus St. Bartholomäus, welches beim Kropfhaus lag, zu welchem ein Garten bei dem Schießhaus gehöre; die Herren zu Haug: die Himmelskrone und teilweise auch den Küttenbaum. Diesen Beschluß sollten die Herren des oberen Rates den Geistlichen bekannt machen, obschon etliche etwas in das reiche Almosen gegeben hätten, so könnten doch die Armenhäuser der Stadt nicht mehr unter der Aufnahme der Dienstboten der Geistlichen leiden. 1601 wurde das "alte Hüttlein" niedergerissen und das Ehehaltenhaus neu erbaut. Im Jahre 1620 belief sich die Zahl der dort wohnenden Pfründner auf 14, 1820 auf 40. Als im 18. Jahrhundert ein Teil des Hauses leer stand, wurden die im Seelhaus (oder Pilgrimsstiftung) Untergebrachten dahin verlegt. Später wurde aber letztere Stiftung mit dem Bürgerspital vereinigt. Im Jahre 1831 war das Haus zur Aufnahme etwaiger Cholerakranker vorsorglich eingerichtet worden, diente dann während des Eisenbahnbaues zur Aufnahme der auf hiesiger Markung erkrankten Eisenbahnarbeiter und beherbergte 1866 eine große Anzahl von Kranken und Verwundeten aus dem damaligen Feldzuge. Zu gleichem Zwecke wurde es im Kriege von 1870 verwendet.

Die Aufgabe des Ehehaltenhauses besteht heute in der Verpflegung solcher hier heimatberechtigter Personen, für deren Unterkunft und Verpflegung, nach den Bestimmungen über das ArmenWesen die Gemeinde aufzukommen hat und die sich nicht zur Unterbringung in anderen Pfründeanstalten eignen, in der Leistung vorübergehender Krankenhilfe an hier heimatberechtigte Arme und von auswärts zugereisten oder vom Juliusspital überwiesener Kranken und Rekonvaleszenten. Es läßt sich nicht nachweisen, daß es als "Stiftung" erfolgte, ebensowenig aber auch, daß es aus gemeindlichem Vermögen entstand. Gar bald sind aber "Zustiftungen" zum Vermögen der Anstalt gemacht worden. In einem Rechtsstreit wurde späterhin durch urkundliche Belege der Nachweis geführt, daß das Ehehaltenhaus "als

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