Vorschau

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1883 vorgenommen wurden, stieß man auf die Fundamente der ehemaligen Bauten des Stiftes Haug. Dabei kamen auch Särge, welche in felsigen Grüften versenkt waren, zum Vorschein.

Für die Verlegung des Stiftes erhielt dasselbe eine angemessene Entschädigung. Fürstbischof Johann Philipp v. Schöndorn (1642 bis 1673) gab außerdem den Stiftsherren das Versprechen, eine neue Kirche erbauen zu lassen. Er scheint aber lange damit gezögert zu haben und erst nach vielem Mahnen seitens des Kapitels zum Halten des Versprechens veranlaßt worden zu sein. Auftrag zum Bau wurde dem Architekten Antonio Petrini am 23. Februar 1670 gegeben. Bereits am 4. April legte Petrini seine Nisse und Pläne vor und am 26. April des gleichen Jahres erfolgte die feierliche Grundsteinlegung. Die Kirche ist des Künstlers eigentliches Lebenswerk; sie ist ein Muster des großartigen und monumentalen Stils, den Petrini in Deutschland als nordische Barocke im Gegensatz zu der etwas weicheren Stilgattung des Südens, dem sogen. "Jesuitenstil", wie er in Italien weiter gepflegt wurde, schuf. Mit den Arbeiten Petrinis an der Kirche scheint der Fürstbischof sehr zufrieden gewesen zu sein, denn mehrmals wurden Petrini Erhöhungen seines ursprünglich bedungenen Baulohnes angewiesen.

Kurz nach der im Jahre 1683 stattgefundenen Vollendung wurde durch drei aufeinanderfolgende schwere Gewitterstürme die Kuppel derart beschädigt, daß eine vollständige Reparatur vorgenommen werden mußte. Am 5. August 1691 fand durch Bischof Johann Gottfried von Guttenberg (1684-1698) die feierliche Einweihung der Kirche statt.

Das Gebäude, das nur zwei Ausgänge hat, erinnert insbesondere in seinem Äußern an die Peterskirche zu Rom: eine majestätische Kuppel wölbt sich über dem Kreuze und zwei Türme mit italienischen Hauben prangen zu beiden Seiten des gegen Westen gekehrten Portales. Die Kuppel ist von großartiger Wirkung, sowohl von innen als von außen. Kuppel und Türme wirken ungemein massig und stolz. Im Innern des herrlichen Barockbaues sind

u. a. Bilder von dem bekannten Maler Oswald Onghers.

Die Stiftsherren siedelten sich in eigenen in der Nähe der Kirche gelegenen Höfen an. Das Stift bestand bis zur Säkularisation (1803). Seitdem dient die Kirche als Pfarrkirche für das HaugerViertel. Die Stiftshöfe gingen in Privatbesitz über.

Der linke Turm der Kirche wurde am 31. Mai 1868 nachts durch einen Blitzstrahl eingeäschert. 1870 wurde er wieder neu erbaut. Als im November 1908 sich von der Hauptfassade der Kirche ein zentnerschwerer Stein loslöste, welcher mit weithin vernehmbarem Krach auf das Pflaster herabstürzte, lebte im Volke wieder die Sage auf, daß der gefoppte "Gottseibeiuns" alle Jahrhunderte mindestens einmal an der Kirche seinen Schabernack treibe, um eventuell die ihm seinerzeit versprochene Seele zu erhaschen. Nach der Volkssage soll nämlich das von Petrini entworfene Gotteshaus bis zum heutigen Tage noch unbezahlt sein, nachdem der Baumeister, der den imposanten Tempel nur mit Satans Hilfe zustande gebracht habe, in größtem Schrecken geflohen sei, als bei Entfernung des Kuppelgerüstes sich der

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