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haben mochte, daß diese Paläste der "Zölibatäre" nicht recht zu Mietshäusern sich eigneten.

Trotzdem die Domherren durch den Besitzwechsel eigentlich jedes Anrecht auf den Bruderhof und seine Häuser verloren hatten, glaubten sie doch die ihnen für den Bruderhof eingeräumten Freiheiten, welche sie natürlich auf ihre neuen Wohnungen übertragen hatten, dort weiter behaupten zu können. Beispiele hiefür sind uns überliefert. Heffner berichtet darüber: Im Jahre 1549 wurde der Goldschmied Reiner Speierer, welcher im Bruderhofe wohnte und die dortigen Freiheiten genoß, von dem fürstbischöflichen Oberschultheißen mit Gewalt und am hellen Tage aus seinem Hause geführt. Das Domkapitel führte gegen diese Verletzung seiner angeblichen alten, auf dem Bruderhofe ruhenden Rechte, Beschwerde bei dem Fürstbischöfe, ohne jedoch den eigentlichen Grund und den Umfang dieser Freiheit zu kennen. Es suchte deshalb Rat bei dem mit den alten Verhältnissen Würzburgs überhaupt wohlbekannten Lorenz Fries. Dieser aber gab den Bescheid, daß nirgends etwas urkundliches über diese sogenannte Freiheit zu finden sei. Nach seiner Meinung ruhe sie darum auf diesem Platze, weil das Domstift sie einst genossen habe, als es noch in klösterlichem Verbande gestanden und die Konverst oder Stolbrüder jene Ämter bekleidet hätten, die jetzt den Bewohnern der erkauften Häuser beigelegt seien, z. B. Pfisterei oder Bäckerei. Übrigens sei auch Jedermann, besonders den alten Bürgern der Stadt bekannt, daß diese Freiheit gewesen und in vier Artikeln bestanden habe. Im Jahre 1554 war der Züchtigermeister (Scharfrichter) Hans durch einen Schusterknecht gehauen und erstochen worden. Der Täter entwich und floh in den Bruderhof. Da ließ der Schultheiß durch einen Knecht dem Bürgermeister sagen, er solle 12 Männer mit ihren Wehren aufbieten und den Bruderhof besetzen lassen. Doch begab sich der Bürgermeister mit dem Stadtschreiber vorerst in das Kapitel, um die Herren zu befragen. Nach langem Bedacht erwiderte der Herr Domdechant, da der Fürst nicht hier sei, so solle der Rat nur die 12 Wächter bestellen, welche außerhalb hin-und hergehen, aber keinen Zugriff tun, noch anders handeln sollten. Der Schusterknecht aber ist in der Nacht hinweggekommen, wie und durch wen ihm geholfen einem Rate unbewußt. Im Jahre 1626 setzte der im Bruderhofe wohnende Dr. Johann Bispnik seine Nachbarn in Angst und Schrecken. Geisteskrank, betrug er sich so, daß niemand im Bruderhofe ohne Lebensgefahr vorübergehen konnte, indem er stets mit einem Standrohre schußfertig im Fenster lag. Man fürchtete sogar, daß er mit seinem Pulvervorrate der Nachbarn Häuser, die nahe Domkirche und die fürstliche Kanzlei in Feuersgefahr setzte. Schon hatte man mehrmals beratschlagt, wie man, um jeglichem Unglück vorzubeugen, sich der Person dieses gefährlichen Menschen bemächtigen könne, als einige Bürger sich erboten, gegen eine ansehnliche Belohnung, mit Gefahr ihres Lebens, den Unholden zu ergreifen. Diesen mutvollen Männern setzte der Bischof einen Preis von 100 und das Domkapitel einen solchen von 50 Talern aus und so ward diesem Unfuge ein Ende gemacht. Merkwürdig war der Bruderhof in früherer Zeit durch das sogenannte Beussenfest, welches die Klosterbrüder und nachherigen

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