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8 in vielen Fällen keinen anderen Weg als den der Numerierung. Sie war das kürzeste Mittel, um die manchmal nicht leichte Arbeit der "Straßentaufen" zu umgehen. Sie ist wohl auch das Einfachste um deswillen, weil ja fast alle amerikanischen Städte mehr oder minder planmäßig angelegt sind.

In Europa ist der Brauch der Straßenbenennung sehr alt. Die meisten Städte und Städtchen haben ja eine lange Vergangenheit. An Namen und Anlässen zur Straßenbezeichnung ist darum kein Mangel. Wir können uns auch eine Straße oder einen Platz namenlos gar nicht denken, zumal jeder Wald, jede Flur, jede Feldlage eine Bezeichnung, wenn auch manchmal sehr verwunderlicher Art führt. Die Namen wurden durch falsche Schreibung, namentlich auch durch die Latinisierung derselben durch die Stadtschreiber, oft verzerrt und verunstaltet, sodaß deren Bedeutung vielfach nicht mehr zu entziffern ist. Durch die im

19. Jahrhundert in Bayern angeordnete Landesvermessung und Katasteranlage wurde die Zahl der verunstalteten Flur-und Ortsnamen vermehrt. Die aus anderen Ländern oder Gegenden stammenden Geometer, welche mit der Geschichte der Ortlichkeiten, mit dem Sprachgebrauch der Bewohner und der dialektischen Aussprache der Namen nicht vertraut waren, brachten in der Verdrehung und Verzerrung der überlieferten Namen unglaubliche Mißgeburten zustande, so daß man sich über die in früheren Jahrhunderten vorgekommenen und vorgenommenen Änderungen in der Schreibung und Aussprache der Straßennamen nicht mehr zu Wundern braucht. Daß auch die Geschichtsforschung in der Stadt Würzburg mit. diesen Schwierigkeiten zu kämpfen hat, ist bei dem hohen Alter der Stadt und bei dem häufigen Mangel von urkundlichem Material und sonstigen Anhaltspunkten erklärlich.

Die älteren Ansiedelungen in Würzburg bestanden, da der Flächeninhalt der Gemeindemarkung groß, die Einwohnerzahl dagegen klein war, zumeist nur aus freiliegenden Blockhäusern oder Einzelhöfen. Darum ist in den Urkunden des 9. und 10. Jahrhunderts an Gassennamen nichts zu finden. In dieser ursprünglichen Bebauungsart muß die Ursache der heutzutage noch sichtbaren Unregelmäßigkeit in der Anlage der alten Straßen gesucht werden. Die Willkür der Bauherrn wurde erst einigermaßen eingedämmt, als um das Jahr 1000 die Stadt mit Mauern umgeben wurde und die Stadtfläche eine bestimmte Grenze erhielt. Das Stadtbild bot aber auch dann noch das Ansehen eines ummauerten Dorfes. Nur einige Kirchen und Kapellen waren in die Gehöfte eingestreut. Diese bestanden aus Wohnhaus, Stall und Scheune. Große Plätze, Wiesen, Äcker, Gärten usw. lagen zwischen den bewohnten Stätten.

Vom 11. Jahrhundert ab änderte sich langsam aber stetig das Stadtbild. Durch das Wachstum der Bevölkerung und die Mehrung der Wohnstätten entstand das Bedürfnis der Straßenbezeichnung. Die Straßen wurden zuerst nach ihrer Sonnenlage unterschieden. So kennen wir aus einer Urkunde eine "Straße, welche sich nach Osten er-streckt". Wir dürften nicht fehl gehen, wenn wir sagen, daß diese Ostenstraße vom Dom (dieser war der Mittelpunkt, nach dem sich alle Anlagen der Stadt richteten) aus über den heutigen Paradeplatz und die

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