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9 Hoffstraße lief. Außer dieser Hauptstraße gab es noch drei: eine nach Westen (heutige Domstraße), eine nach Norden (heutiger Kürschnerhof, Schönbornstraße, Dominikanerplatz), eine nach Süden (heutige Plattner-und Domerschulgasse). Weiter gab es noch eine Reihe von Nebengassen, so zum Beispiel vom Judenmarkt (heutiger Marktplatz) durch die heutige Karmelitengasse zum Main, dann vom genannten Markt durch die heutige Eichhornstraße, weiters vom Grafenbann oder dem Hof "zum grünen Baum" (heutiges Rathaus) durch die Augustinergasse usw. usw. Das alte Würzburg hatte eine schöne Zahl von großen Plätzen aufzuweisen, die heute noch zum Teil, aber nur in verkleinertem Maßstabe, bestehen. Diese Plätze dienten zu Versammlungen, Märkten, Festen, Vergnügungen.

Im 13. Jahrhundert wurde es gebräuchlich, Straßen, Gassen und Plätze, welche naturgemäß immer zahlreicher wurden, mit bestimmten Namen zu belegen. Eine offizielle "Taufe", wie sie jetzt vorgenommen wird, gab es jedoch nicht. Die Namen tragen unverkennbar den Stempel volkstümlicher Bezeichnung. Die Gassen erhielten die Namen von Gewerben, welche dort betrieben wurden; von Kirchen und bedeutenden Gebäuden, welche in ihnen lagen; von Geschlechtern, welche dort hausten; von den daselbst abgehaltenen Märkten oder auch von den alten Flurbezeichnungen. Leider sind die chronikalischen Aufzeichnungen von Straßen-und Gassennamen äußerst dürftig und deren Lage häufig nicht mehr oder nicht mehr genau zu ermitteln. Aus diesem Grunde und deshalb, weil die Straßenbezeichnungen älterer Zeit in und aus dem Volksmunde erstanden und nicht das Ergebnis amtlicher Entschließungen sind, ist die Feststellung des erstmaligen Vorkommens und die genaue Angabe der Gründe, welche zu den Benennungen Anlaß gaben, nicht immer möglich.

Ein besonderes Interesse bieten jene Namen, welche mit geschichtlichen Ereignissen zusammenhängen. Die Benennung der Straßen nach Persönlichkeiten, welche sich in der Orts-oder Landesgeschichte einen Platz gesichert haben, nach bedeutenden Stiftern, Wohltätern, Bürgermeistern, Gelehrten, Dichtern, Schriftstellern, Künstlern, Staatsmännern, Fürsten, Kriegshelden usw. ist erst in der Neuzeit entstanden und gepflegt worden. Die alten Straßen, welche Namen von Persönlichkeiten tragen, sind zumeist nach Heiligen bezeichnet, entsprechend der größeren Bedeutung, welche das kirchliche Leben und Wirken in fernliegenden Jahrhunderten hatte. Auch war der Kultus der Personen, welche in den Wissenschaften, Künsten, Gewerben usw. Großes leisteten, nicht im entferntesten so ausgebildet wie heute. Man kennt von den Verfassern berühmter Schriftwerke, den Schöpfern großer Monumentalbauten, den Erfindern wichtiger technischer Hantierungen weder Namen noch Art und Herkunft. Die moderne Gesellschaft ist in der Wertschätzung von Leistungen und Verdiensten doch im allgemeinen besser geworden. Gerade die Straßenbezeichnungen nach Namen von Persönlichkeiten sind dafür Beweis. Zugleich zeigt diese Sitte, daß ungeachtet aller Demokratisierung des Volkes und Staates die Aristokratie der Gesinnung und des Geistes heute ungleich mehr als je zuvor eingeschätzt wird. Trotz dem umsichgreifenden Sozialismus mit seiner Pflege des Herdenbewußtseins be

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