Über dieses Werk

Psychodrama – Richard Wagner im Symbol

Roch, Eckhard

Cod.sim.85


»Das Leben Wagners, ganz aus der Nähe und ohne Liebe gesehn, hat (…) sehr viel von der Komödie an sich, und zwar von einer merkwürdig grotesken«, schreibt Friedrich Nietzsche 1876. Auch jeder, der sich heute mit Wagners Biographie befaßt, wird diese befremdliche Erfahrung machen können, und die Liebe zu dem Genie mit dem schlechten Charakter wird ihm schwerfallen. Sobald er jedoch die Mühe nicht scheut, einen Blick hinter die Kulissen der Komödie zu werfen, wird er etwas anderes zu sehen bekommen: den sensiblen und verletzlichen, den leidenden, liebebedürftigen und gewiß auch liebenswerten Menschen, die Tragödie eines Lebens, die den faustischen Entwürfen von Wagners dramatischer Kunst zum Verwechseln ähnlich scheint …

Psychodrama ist keine Biographie Wagners, wohl aber biographische Deutung, der Versuch, hinter die faktischen Ereignisse zu schauen, wenn man so will – Meta-Biographie. Auf diese Weise kehrt sich die Perspektive der herkömmlichen Künstler-Biographie um: Nicht mehr werden die Werke aus der biographischen Anekdote gedeutet, sondern vielmehr die Biographie aus der Dichtung, der Musik und der dramatischen Theorie. Richard Wagner in seinen Helden, aber ebenso auch seine Helden in ihm – jene verwirrende Identifikation des persönlichen Lebens mit dem Schicksal der Kunst, nimmt J. L. Morenos Therapiemethode des Psychodramas geradezu vorweg. Wagners Kunst ist eine Form von Selbsttherapie, so lautet eine zentrale These dieses Buches.

Der Autor unternimmt (auf ca. 600 Druckseiten mit 15 Abbildungen im Text und 25 Bildtafeln) eine großangelegte Zusammenschau analoger Strukturen und Strategien in Wagners Theorien, seiner Musik, seinen Dichtungen und seinem Leben und gewinnt so einen Standpunkt "jenseits der Gegensätze" von Leben und Werk. Und darin besteht zugleich auch das – im wörtlichen Sinne verstanden – symbolische Anliegen dieses Buches. Es gelingt ihm zu zeigen, daß die wild aufgewühlte Oberfläche von Wagners Leben tief im Innersten von einer erstaunlichen Konsistenz und Logik getragen ist. Ob es sich nun um die dramatischen Utopien des »Kunstwerkes der Zukunft«, die musikalische »Kunst des Überganges« oder die »kühnen Seiltänze« des Lebens handelt, alles scheint durch feinste Fäden miteinander verbunden, paßt auf der Ebene der Symbole und Archetypen zusammen und fügt sich zu einem bestechend klaren Bild.


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