Was sind Inkunabeln?

Um das Jahr 1450 erfand Johannes Gutenberg in Mainz den Druck mit beweglichen Lettern. Die Bücher, die seitdem bis Ende 1500 gedruckt wurden, nennt man Inkunabeln (von lat. Incunabula = Windeln, Wiege) oder Wiegendrucke. Um die damaligen Leserkreise für das neue Medium zu gewinnen, bemühten sich die Drucker, die oft gleichzeitig Buchhändler waren, das Erscheinungsbild der mittelalterlichen Handschriften möglichst genau zu imitieren. Inkunabeln sind daher häufig prächtig ausgestattet mit handgemalten Zierinitialen und kolorierten Holzschnitten. Die berühmteste Inkunabel ist die 42zeilige Gutenberg-Bibel, die vielen als das schönste gedruckte Buch gilt.

Innerhalb weniger Jahre verdrängten die gedruckten Bücher die handgeschriebenen. Thematisch richteten sie sich nach den Bedürfnissen einer wachsenden Leserschaft auch aus dem weltlichen Bereich. So erschienen neben Bibeln und anderen Büchern in der internationalen Gelehrtensprache Latein populäre medizinische Ratgeber, Reiseberichte, Kalender und Unterhaltungsliteratur in der Volkssprache.

Die frühen Drucker kennzeichneten ihre Werke mit einem individuellen Signet, der Druckermarke, meist am Ende des Textes. Viele Strukturmerkmale und Layoutkonventionen eines Buches, die uns heute selbstverständlich und vertraut sind, waren erst in Entwicklung und treten vielgestaltig entgegen, z.B. die Gestaltung von Titelseiten, Inhaltsverzeichnissen und Registern oder Seitennummerierungen.

Die Auflagen waren nicht hoch, daher haben sich Inkunabeln meist nur in wenigen Exemplaren oder sogar nur als Einzelstücke erhalten. Entsprechend hoch ist heute ihr Wert, ideell als Zeugnisse eines Medienbruchs und drucktechnischen Experimentalstadiums an der Schwelle vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit, materiell als antiquarisch oft im sechsstelligen Euro-Bereich gehandelte, über ein halbes Jahrtausend alte „Rara“.


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